Theater im Nationalsozialismus
Am 1.4.1938 wurde dem vormaligen Landestheater Oldenburg der Titel »Staatstheater« verliehen, der auch eine größere finanzielle Unterstützung bedeutete. Dies ist nur ein Beispiel für das Nachwirken des Nationalsozialismus in den Strukturen des Theaters.
Der Diskursschwerpunkt fragt in einer Spielzeit, in der sich das Oldenburgische Staatstheater unter neuer Intendanz einmal mehr neu erfindet, nach Geschichte und Kontinuitäten. Dabei soll in Kooperation mit dem Aktionskomitee für ein Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager e. V. und weiteren zivilgesellschaftlichen Akteur:innen auch die darstellende Kunst von im Nationalsozialismus Verfolgten in den Blick genommen werden.
Vortrag von Ingo Harms
16.10. | 20:00 Uhr | Exhalle
In Bookholzberg steht ein Freilufttheater, das dem Stedinger-Kult der Oldenburger NS-Führung als „Gedenkstätte“ und „Gau-Schulungszentrum“ diente. Die dafür investierten Mittel gehen nach neuerer Forschung teilweise auf Einsparungen beim Krankenmord zurück. Der Vortrag folgt aber nicht nur der Spur des Geldes, sondern greift die Frage auf, ob der Stedinger-Kult wirklich überwunden ist, und ob es überhaupt so etwas wie einen „Befreiungskampf der Stedinger Bauern“ gegeben hat.
Moderation Corinna Bittner
Vortrag von Esther Slevogt
22.10. | 20:00 Uhr | Exhalle
Als 1938 aus dem Landestheater Oldenburg das Oldenburgische Staatstheater wurde, gehörte er bereits zu den Stars des legendären Emigrantenensembles am Zürcher Schauspielhaus: Wolfgang Langhoff, 1901 in Berlin geboren und dort 1966 verstorben. Doch noch wenige Jahre zuvor war Langhoff Häftling im KZ Börgermoor im Emsland gewesen. Über seine Haft hat er 1935 im Zürcher Exil ein weltberühmtes Buch veröffentlicht: "Die Moorsoldaten", einer der ersten Berichte über den Naziterror überhaupt. Und auch am "Moorsoldatenlied" hat er mitgetextet, das für eine Kulturveranstaltung der Häftlinge im KZ entstand: "Zirkus Konzentrazani" im August 1933. Der Vortrag umreist ein exemplarisches deutsches Künstlerleben im 20. Jahrhundert, zwischen künstlerischen und politischen Extremen. Und zwischen zwei deutschen Staaten.
Lesung aus Werken Langhoffs Thomas Lichtenstein
Moderation Corinna Bittner
Vortrag von Torsten Israel
7.11. | 20:00 Uhr | Exhalle
Der 1894 in Wien geborene Regisseur, Schauspieler und Bühnenschriftsteller Renato Mordo gehörte zu den vielseitigsten deutschsprachigen Theatermachern der Zwischenkriegszeit. Von 1920-1923 leitete er als jüngster Intendant Deutschlands das Oldenburger Landestheater, an dem er u.a. eine Operntradition etablierte und wirkungsvolle Maßnahmen zur Demokratisierung des Spiel- und Besucherbetriebs traf. Immer wieder war er dort antisemitischen Angriffen ausgesetzt. Durch den Nationalsozialismus in die Emigration getrieben, wirkte er später u.a. in Prag, Athen, Ankara und Tel Aviv. Nach der deutschen Besetzung Griechenlands zunächst ins Konzentrationslager Chaidari bei Athen verschleppt, entging er der Deportation nach Auschwitz nur durch glückliche Umstände. 1952 kehrte Mordo nach Deutschland zurück und war bis zu seinem Tod 1955 Oberspielleiter in Mainz.
Das Schauspielensemble liest aus Werken Mordos
Moderation Corinna Bittner
Vortrag von Kurt Buck
12.11. | 20:00 Uhr | Exhalle
Am 10. Mai 1935 ordnet das Geheime Staatspolizeiamt in Berlin an, Mitglieder aus den Ensembles der Kabaretts Katakombe und Tingel-Tangel „zur Gewährleistung der Sicherheit ihrer eigenen Person“ in „Schutzhaft“ zu nehmen. Als Begründung wird angegeben, dass Partei- und SA-Angehörige planten, am selben Abend eines der beiden Lokale zu demolieren und es zu Ausschreitungen kommen könnte.
Zu den Verhafteten gehört der 1902 im sächsischen Görlitz geborene Werner Finck, Mitbegründer und Leiter des Kabaretts „Die Katakombe“.
Acht Tage später wird angeordnet, ihn und fünf weitere „Schutzhäftlinge“ in das Konzentrationslager Esterwegen zu überführen.
Anhand von Zeitzeugenerinnerungen, Dokumenten und Fotos erfahren wir, wie der NS-Staat jegliche Form von Opposition zu unterdrücken und auszuschalten versuchte.
Moderation Corinna Bittner
Weitere Themen
30.10. | 20:00 Uhr | Exhalle
An diesem interaktiven Abend zeigt Björn Lengers vom digital performing arts collective „CyberRäuber“ mithilfe von live generierter Digitalkunst die kreativen Möglichkeiten künstlicher Intelligenz. Außerdem wird diskutiert: über Deep Fakes, KI als Spiegel unserer emotionsgetriebenen Realität und die Notwendigkeit von zeitgemäßer Medienkompetenz.
Moderation Elisabeth Kerschbaumer
Vortrag von Nino Aviazishvili-Gehne
21.11. | 20:00 Uhr | Exhalle
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist mehr als nur ein kriegerischer Akt zwischen zwei Staaten, er ist ein flächendeckendes gewaltsames Ereignis. Der Krieg zwingt die Menschen dazu, alte und aktuelle Zugehörigkeiten radikal zu überdenken. Familienmitglieder, Freundinnen und Freunde können sich voneinander entfremden, während gleichzeitig neue zwischenmenschliche Beziehungen entstehen. Für viele vielleicht überraschend, haben Tausende von Menschen aus der Russischen Föderation Georgien seit März 2022 als vorübergehenden oder dauerhaften Zufluchtsort gewählt. Die ›Flüchtlinge‹ sind Russinnen und Russen, gegen die die Streitkräfte Georgiens in ihrer Vergangenheit gekämpft haben. Mitgefühl und Menschlichkeit vermischen sich mit unerträglich schmerzhaften Erinnerungen.